Donnerstag, 25. Oktober 2007

Liebeskummer im Südural

Etwa einen Monat ist es her, dass ich sie das erste Mal sah. Diese Grazie, dieses fremdländische Aussehen, welch Anmut und dieser Kontrast zum Wohnheim - ich war ihr sofort verfallen. Eine Woche später - wir sind zusammen in der Eremitage, abends kochen wir für sie und ihre Freundinnen. Sie sind jetzt jeden Abend zu Besuch bei uns. Eine weitere Woche später auf der Neva ... wir trinken Wein, rauchen Wasserpfeife und vor Petropawlowsk küssen wir uns ... an Studieren ist jetzt nicht mehr zu denken. Am nächsten Tag feiern wir Simons Geburtstag und gleichzeitig das vorläufige Ende unserer kurzen Beziehung, denn am nächsten Abend ist ihr Praktikum in St. Petersburg zu Ende und ich schaffe es gerade noch rechtzeitig an den Bahnhof um ihr nicht mehr bei Sinnen zu versprechen, im ersten Zug nach Izhevsk zu sitzen. Gesagt getan ... eine schlaflose Woche später verlasse ich um 20:40 St. Petersburg und rolle von Moskovskij Vokzal aus in Richtung Ural - zwei Nächte im Zug in Richtung der Wirkungsstätte Mikhail Timofeij Kalaschnikows - auf nach Udmurtien.

Zugfahren in Russland ist ein Kapitel für sich. Noch in der ersten Nacht erreichen wir Moskau und 4 meiner Nachbarn steigen aus .. am nächsten Morgen steigt auch der letzte Mitfahrer aus und ich bin alleine in meinem Abteil. Es drängt sich die Frage auf ...warum eigentlich will niemand nach Izhevsk? Während ich das Gefühl habe, jemand rollt unermüdlich den selben Kilometer Birkenwald-Fototapete am Fenster vorbei fange ich an Grammatikübungen zu machen ... komme nicht weit. Es ist ein komisches Gefühl morgens mit dem Wissen, im selben Zug wieder ins Bett zu gehen, wach zu werden. Doch schließlich gehen früh am morgen des dritten Tages die Lichter an und um 4:50 stehe ich in Izhevsk am Bahnsteig - und sehe Marina und ihre Freundin Anja, die ich auch aus St. Petersburg kenne, auf dem selben Bahnsteig - erscheint mir wie ein Wunder. Die Beiden haben wenig geschlafen, bringen mich in mein Hotel und wir treffen uns erst später wieder. Ich wohne für 15 Eur die Nacht im Hotel "Центральная / Zentralnaja". Am Abend lerne ich Anatolij, einen Freund Marinas kennen, der Deutsch studiert, nahezu perfekt Deutsch spricht, zu allem Überdruss als Barmann in der wohl schönsten Bar Izhevsks arbeitet und mir während meines Aufenthaltes (и когда мы встретимся ещё раз !!) zu einem guten Freund wurde. Der zweite Abend vergeht wie im Traum... neben Marina sitze ich im "Moskva", wo sich ohne mein Zutun der Tisch vor mir mit Bier füllt, später Platz gemacht wird, damit Fatik, der Wasserpfeifen-Mann, seines Amtes walten kann und wo zu fortgeschrittener Stunde die Sprachbarriere eine unbedeutende Nichtigkeit wird. Den Rest der Nacht verbringe ich bei Anatolij und Marina im Studentenwohnheim. Am nächsten Tag besuche ich die udmurtische Staatsuniversität und fotografiere ein Bisschen. Dann der Abend ... Marina und ich gehen spazieren, wir trinken Tee und unterhalten uns ... doch werde ich das Gefühl nicht los, dass was vor der Kulisse St. Petersburgs und im Zauber des letzten Abends noch funktionierte, dem Alltag nicht gewachsen ist ... es folgt ein unangenehmes Gespräch und wir sind fortan "Freunde". Danach Frustsaufen mit Anatolij.

In den verbleibenden Tagen besuchen Anja, Marina und ich das Geburtshaus Ts
chaikovskys, das Kalaschnikow-Museum und genießen nochmal das Moskva. Schließlich ist meine Zeit in Izhevsk abgelaufen und ich sitze wieder im Zug. Vor dem Fenster winken nach einer herzlichen Umarmung Anja, Marina und Anatolij. Mit einem lachenden und einem weinenden Auge fahre ich schließlich nach einer turbulenten Woche zurück nach St. Petersburg. Marina muss ich mir aus dem Kopf schlagen - brauche einen neuen Desktop-Hintergrund - aber meine Reise hätte fantastischer nicht sein können.



Izhevsk

1 Kommentar:

Svenja hat gesagt…

hihi, eine Liebesgeschichte aus Russland. Ich weiß ja nicht, ob man jetzt besser mit dir trauert oder dich beglückwunscht, dass Du nicht irgendwo in Russland versackst :)