Samstag, 5. April 2008

Lenin zwischen Palmen

Mit den Ankündigungen, bald einen Blogeintrag zu schreiben, ist es ja bekanntlich so eine Sache. Und natürlich drängte sich auch diesmal wieder vieles auf, vor dem Blogeintrag erledigt zu werden. Aber jetzt habe ich endlich Zeit und Muse gefunden und werde ein paar Takte erzählen, was wir in der Ukraine gemacht haben.

Meine Cousine, die durch ihr Auslandsjahr in Moskau vor zwei Jahren Anlass letztendlich dafür war, dass ich heute hier bin, hat vor einiger Zeit an der Uni Tübingen ihr Ethnologie-Studium mit Schwerpunkt "Postsowjet-Raum" abgeschlossen. Nun ist sie vor einigen Wochen auf die Krim zurückgekehrt, um eine deutsche Studentengruppe zu betreuen. Im Vorraus hatte sie mich eingeladen, sie dort zu besuchen (Nochmal vielen Dank, Susanne). Also haben wir zusammen mit Gesa, einer deutschen Bekannten, am 6.3 in Peterhof die Koffer gepackt und sind abends im Zug Richtung Ukraine aufgebrochen. Und auf ein Neues stelle sich sofort das russische Reisegefühl ein - auf der Schwelle in den Wagon bleibt die Zeit stehen und wir betreten eine Parallelwelt aus 50 Betten, 2 Toiletten, einem 24/7-Wasserkocher und natürlich dem Provodnik, dieser uniformierten Personifizierung der Ordnung im Wagon, der bedürftige Passagiere mit zusätzlichen Wolldecken und Bier versorgt - Zweiteres natürlich nur als Souvenir, denn Biertrinken ist im Zug ja verboten. Durch unendlich ausgedehntes Nirgendwo rollt der Zug mit ermüdender Langsamkeit, unterbrochen nur durch einige wenige Stops an Bahnsteigen irgendwo zwischen Petersburg und dem schwarzen Meer. An diesen Stops entlässt der Provodnik seine Schäfchen einige Minuten ins Freie, wo sie sich mit den am Gleis angebotenen Speisen und Getränken eindecken können. In dieser zeitlosen Monotonie kreisen die Gedanken in größeren Radien und man beschäftigt sich vorrangig damit auf dem Gang zum Klo seine Atmung auf die Mitreisenden zu synchronisieren - man weiß ja, wo die Stinker ihre Füße in den Gang strecken.

2 Nächte und die ukrainische Grenze später kommen wir früh morgens in Simferopol, einer der größeren Städte auf der Krim, an. Susanne holte uns am Bahnsteig ab, wir schliefen einige Stunden bei ihr und brachen dann in die Stadt auf. In den kommenden Tagen waren wir in Simferopol, schauten die antike Höhlenstadt bei Tschufut Kale und den Khanspalast in Bachtschissarai an, machten eine große Wanderung zu wunderschönen Höhlen in der Nähe, besuchten die russische Schwarzmeerflotte in Sevastopol inklusive Besuch der antiken Stadt Chersones und brachen nach einigen wunderbaren Tagen nach Aljuschta an der Küste auf. Aljuschta jedoch verschliefen wir im Bus und landeten schließlich in Jalta.



Kaum in Jalta angekommen stürzen sich mehrere klassisch-russische Babuschkas auf uns und wollen uns Schlafgelegenheiten andrehen. Mit hochherrschaftlicher Geste zeigen wir schließlich in dem Pulk, den wir um gute anderthalb Köpfe überragen, salbungsvoll auf das Öhmchen unserer Wahl und ziehen für 5Eur/Nacht in ihr Wohnzimmer ein. In Jalta verbringen wir schließlich noch zwei wunderbare Tage, in denen wir alte Bekannte von der Zugfahrt wiedertreffen (die wir in Chersones schon ein erstes Mal wiedergesehen hatten - beide Male zufällig), die Küstenlinie abwandern und schließlich von Nullniveau an der Uferpromenade 1234 Höhenmeter auf den Aj Petri steigen. Nach dieser Wanderung packe ich meine sieben Sachen und fahre mit kurzem Zwischenstopp in Simferopol zurück nach Petersburg. Simon und Gesa sind noch einige Tage geblieben und hängen hier - hoffentlich bald :) - noch was an...

Krim